Alles, was Sie zum landwirtschaftlichen Erbrecht in Deutschland wissen müssen

Daslandwirtschaftliche Erbrecht in Deutschland ist nicht einheitlich geregelt,sondern variiert von Bundesland zu Bundesland. Das hat auch Auswirkungen aufdas Vererben eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Freiflächen-Photovoltaik.Lernen Sie hier das landwirtschaftliche Erbrecht und wichtige Begriffe kennen.Damit verschaffen Sie sich das nötige Grundlagenwissen für unsere Beitragsreihe zu den rechtlichen Hürden rund umlandwirtschaftliche Betriebe mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Höfeordnungin Nord- und Westdeutschland

In den norddeutschen BundesländernNiedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg,die zur einstigen britischen Besatzungszone gehörten, gibt es die sogenannte Höfeordnung(HöeO). Dabei handelt es sich um ein Sondererbrecht für Bauernhöfe.

Gemäß der Höfeordnung wird ein Hofallein an die Hoferbin oder den Hoferben vererbt. Sie oder er muss dann lautdiesem Bericht auf der Internetseite von Rechtsanwalt Gerhard Rubyden sogenannten weichenden ErbInnen eine Abfindung zahlen. Das übrige(„hoffreie“) Vermögen geht an die ErbInnengemeinschaft, zu der auch dieHoferbin oder der Hoferbe zählt.

Exkurs:Was sind weichende ErbInnen?

Diesogenannten weichenden ErbInnen sind diejenigen, die im Falle einer Hofübergabe den Hofnicht erhalten. Stattdessen „weichen“ diese Familienangehörigen der oder demHofübernehmer. Weil die weichenden ErbInnen den Hof nicht erben, bedenkt die Höfeordnung sie mit einer Abfindungund sogenannten Nachabfindung. Diese berechnensich nach ganz bestimmten Vorschriften der Höfeordnung. Die weichenden Erben haben grundsätzlich einen Anspruch aufNachabfindung gegen die oder den HofübernehmerIn,wenn diese oder dieser den gesamten Hof odereinzelne Hofgrundstücke innerhalb von 20 Jahren nach der Hofüberlassung verkauft.

Rechtsanwalt Ruby rät Ihnen alsHofeigentümerIn, Abfindungsansprüche entweder in einem Hofübergabevertragoder in einer testamentarischen Verfügung (Testament) zu regeln. Soersparen Sie sich demnach Schwierigkeiten. Der Anwalt für Erbrecht weist desWeiteren dabei daraufhin, dass die oder der ÜbergeberIn/ErblasserIn imWesentlichen frei sei. Sie oder er müsse lediglich den gesetzlichenAbfindungsanspruch als Mindestwert (1/3 des Hofwertes alsBemessungsgrundlage für die Abfindung) sowie die Höhe gemäß § 16 Abs.1 S.1HöfeO (wirtschaftlich tragbare Bedingungen) berücksichtigen.

Zu densogenannten Nachabfindungsansprüchen müssen Sie wissen, dass das mit demlandwirtschaftlichen Erbrecht umgesetzte Erbprivileg nur so lange berechtigtist, solange der Hof als solcher weitergeführt wird.

[[CtA einbauen]]

Entfällt derhöferechtliche Zweck nachträglich,beispielsweise aufgrund einer Veräußerung oder einer nichtlandwirtschaftlichen Nutzung des ganzen Hofes oder Teilen davon, garantiertdas Erbrecht einen Ausgleich für die weichenden ErbInnen. Mit § 13 derHöfeO wird die oder der HoferbIn verpflichtet, die Vorteile auszugleichen, diesie oder er infolge der Privilegierung aus dem Anerbenrecht nach dem Wegfalldes höferechtlichen Zweckes ungerechtfertigt erhalten hat.

Das Privilegentfällt nach § 13 HöfeO rückwirkend, wenn die oder der HoferbIn „innerhalbvon 20 Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb oder wesentliche Teileveräußert, ohne den Erlös in den Betrieb zu investieren.“ Dann erwachsendaraus weitere Abfindungsansprüche für die aus § 12 HöfeO Berechtigten.Gemäß § 13 HöfeO werden die sogenannten Nachabfindungsansprüche lautRechtsanwalt Ruby dann ausgelöst, wenn die oder der HoferbIn

  • den Hof als Ganzes veräußert,
  • einzelne Flächen des Hofs veräußert,
  • den Hof in seiner Sachgesamtheit in eine     BGB-Gesellschaft einbringt (nur bei Einbringung des Hofes zur gesamten     Hand),
  • wesentliches Hofzubehör (totes oder     lebendiges Inventar) veräußert (keine Nachabfindungsansprüche bei     Veräußerung entsprechend einer ordnungsgemäßen Wirtschaft),
  • eine hochwertigere als eine     landwirtschaftliche Nutzung erzielt (Ausbeutung von Bodenschätzen,     Bestellung von Erbbaurechten, Nutzung als Golfplatz),
  • Ersatzbetriebe, Ersatzgrundstücke und     anderes veräußert oder verwertet.

·      [[CtA einbauen]]

Anerbenrechtin Südwestdeutschland und in Bremen

Auch Anerbenrechtesind landespezifische Sondererbrechte. Sie gelten inBaden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bremen für die Hofübernahme.Wie bei der Höfeordnung auch regeln die Anerbenrechte, dass nur ein Erbe dengesamten Hof übernehmen kann und dass sogenannte weichende ErbInnen eineAbfindung erhalten müssen. Die Höhe der Abfindung richtet sich bei einemertragsbringenden Betrieb nach dem Ertragswert. Zudem schreibt das Anerbenrechtdabei vor, dass ein Hof an den ältesten männlichen Erben der verstorbenenErblasserin oder des verstorbenen Erblassers übertragen wird. Voraussetzungdafür ist, dass der Hof sich als Anerbenhof qualifiziert hat und er als solcherin die sogenannte Höferolle eingetragen ist. Andernfalls wird der Hof nach dem allgemeinen BGB-Erbrecht vererbt.

Exkurs:Verkehrswert und Ertragswert

DerVerkehrswert ist der Wert, der bei einer aktuellenVeräußerung des Vermögensgegenstandes voraussichtlich zu erzielen wäre (genaueDefinition siehe §194 Baugesetzbuch (BauGB).

DerErtragswert ist der Gegenwartswert der zukünftigen Nettoerträge desVermögensgegenstandes. Er kann deutlich niedriger sein als der Verkehrswert.

Hofübernahme nach dem Erbrecht des BGB

In Bayern, Berlin, dem Saarland undallen ostdeutschen Bundesländern existieren weder Höfeordnungen nochandere landesspezifische Sondererbrechte. Die Erbfolge in diesenBundesländern regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Das heißt, dass nachdem allgemeinen deutschen Erbrecht vererbt wird.

Demzufolge wird beim Vererben derVerkehrswert des Hofes angesetzt. Aber: In Sonderfällen werden diebesonderen Bestimmungen des BGB-Landguterbrechts angewendet. Damit kann ein Hofvon einer Person zu Vorzugsbedingungen übernommen werden, den die oder derErblasserIn bestimmt. Oder es muss ein Pflichtteil ausgezahlt werden, der weitunter dem liegt, der nach Verkehrswert errechnet werden würde.

Das Bestreben,ein Zersplittern des landwirtschaftlichen Betriebes zu verhindern, zeigtsich auch in den Regeln zum Pflichtteilsrecht. Mit entsprechendenVorschriften, die von der erbrechtlichen Norm abweichen, will der Gesetzgebersicherstellen, dass eine Hoferbin oder ein Hoferbe mit den notwendigenAbfindungszahlungen an die weichenden ErbInnen nicht überlastet und dieExistenz des Hofes nicht gefährdet wird. Wobei auch die konkretengesetzlichen Vorschriften zum Pflichtteilsrecht zwischen den Bundesländernvariieren.

Laut dem Portal Erbrechts.info.de haben die Regelungen zu Abfindungen weichender ErbInnen inden verschiedenen Gesetzen eins gemeinsam: Sie weichen von dem vorherrschendenGrundsatz des Pflichtteilsrechts gemäß BGB ab. Das besagt, dass dertatsächliche Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls für die Höhe desPflichtteilsanspruchs entscheidend ist.

Sie sehen anhand dieser kurzenÜbersicht, dass das deutsche Sondererbrecht Bauernhöfe beim Berechnen derPflichtteilsansprüche von weichenden ErbInnen begünstigt. Unter bestimmtenVoraussetzungen (leistungsfähiger, fortgeführter Betrieb) werde derlandwirtschaftliche Betrieb diesemWochenblatt-Bericht zufolge nicht mit seinem tatsächlichen Wert(sogenannter Verkehrswert), sondern mit dem meist viel geringeren Ertragswert(entspricht dem Reinertrag x 18) in die Berechnung von Pflichtteilsansprücheneingestellt.

Exkurs: Übergabevertrag und Testament

  • Den Übergabevertrag     unterzeichnen alle Beteiligten. Verfügungen lassen sich im Nachhinein nur     dann ändern, wenn exakt diese Beteiligten auch am neuen Vertrag erneut     beteiligt werden.
  • Ein Hofübergabevertrag im Bereich     des Bürgerlichen Gesetzbuches sorgt nicht automatisch für einen     Pflichtteil für die sogenannten weichenden ErbInnen. Nur dann, wenn der     Vertrag (der rechtlich eine Schenkung ist) weniger als zehn Jahre alt ist,     haben die weichenden ErbInnen Anspruch auf einen Pflichtteil.
  • Mit einem Pflichtteilsverzicht im     Übergabevertrag oder als solitäres Vertragsdokument kann die weichende     Erbin oder der weichende Erbe auf ihren oder seinen Erbteil am     landwirtschaftlichen Betrieb verzichten, beispielsweise bei Vereinbarung     einer Abfindung vereinbart. Ein solcher Verzicht lässt sich auf das     landwirtschaftliche Betriebsvermögen beschränken.
  • Ein Testament     greift im Todesfall. Weichende ErbInnen haben dann drei Jahre lang Zeit,     ihren Pflichtteil zu beanspruchen, wenn sie von der Erblasserin oder von     dem Erblasser nicht bedacht worden sind.
  • Wollen ErbInnen das Erbe nicht     antreten, können sie es nicht teilweise, sondern nur im Ganzen     ausschlagen.

[[CtA einbauen]]

Dieser Blogpost ist Teil unserer Beitragsreihezu den Hürden im deutschen Recht, wenn es umFreiflächen-Photovoltaik geht – sei es bei einkommensrechtlichen,steuerrechtlichen, familienrechtlichen oder erbrechtlichen Fragen.

Weitere Artikel

img-blog
Entdecken Sie die aktuellen Pachtpreise für Ackerland in Deutschland und wie sich diese Preise entwickeln
img-blog
Erfahren Sie, wie Sie Ihr Ackerland effektiv für Solarparks verpachten und langfristig hohe Pachteinnahmen erzielen können.
img-blog
Erfahren Sie, wie Sie Ackerland für Photovoltaik effektiv kaufen und verkaufen können, inklusive aller rechtlichen und steuerlichen Aspekte.
img-blog
Entdecken Sie die aktuellen Pachtpreise für Ackerland in Deutschland und wie sich diese Preise entwickeln

Sie wollen den Ertrag Ihrer Freifläche langfristig steigern ?